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Die Entwicklung atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse in der Schweiz

Im Jahr 2008 waren 3,3% aller Erwerbstätigen in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt. 2002 waren es noch 2,9%. Vor allem die befristeten Arbeitsverhältnisse und Arbeit auf Abruf haben seither zugenommen. Besonders häufig arbeiten Frauen, junge Erwachsene, Ausländer und Personen mit tiefer Bildung in Verhältnissen, die als atypisch-prekär einzustufen sind. Die Durchlässigkeit auf dem Arbeitsmarkt ist jedoch hoch, und die Betroffenen bleiben häufig nur kurz in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen.

Schon seit mehreren Jahren sind flexible und nicht traditionelle Arbeitsformen – wie Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, Arbeit auf Abruf und Temporärarbeit – ein fester Bestandteil des schweizerischen Arbeitsmarkts. Mit diesen neueren Formen von Arbeitsverhältnissen reagiert die Arbeitswelt auf einen sowohl in der Wirtschaftswelt als auch in der Gesellschaft zu beobachtenden Wandel zu mehr Kurzfristigkeit und Flexibilität. Aus gesellschaftlicher Sicht sind flexible Arbeitsverhältnisse auch nicht grundsätzlich kritisch zu beurteilen, sondern können Arbeitgebern wie Arbeitnehmenden mehr Freiraum geben. Gewisse flexible Arbeitsformen wie Teilzeitarbeit geniessen gar eine gute Reputation. Kritisch sind die Arbeitsverhältnisse hingegen dann, wenn die Arbeitnehmenden einer beträchtlichen Unsicherheit ausgesetzt sind, ohne dafür ausreichend abgegolten zu werden. Diese spezielle Ausprägung nicht traditioneller Arbeitsverhältnisse wird in der Literatur als prekär oder atypisch-prekär bezeichnet. Atypisch-prekär sind Arbeitsverhältnisse dann, wenn mit dem Arbeitsverhältnis für Arbeitnehmende eine gewisse Unsicherheit (vgl. Kasten 1

In der Literatur besteht keine einheitliche Definition von atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen. Häufig wird allerdings Unsicherheit als deren zentrales Merkmal aufgeführt. Analog dazu definieren wir ein Arbeitsverhältnis dann als atypisch-prekär, wenn relative Unsicherheit vorhanden ist, die nicht erwünscht ist. Um atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse in den Daten zu identifizieren, muss diese Definition entsprechend operationalisiert werden. Die Unsicherheiten werden dabei über die verschiedenen Formen von atypischen Arbeitsverhältnissen definiert (siehe auch Kasten 2). Die Operationalisierung von «unerwünscht» erfolgt über das Einkommen. Dabei wird davon ausgegangen, dass ab einem bestimmten Einkommen die Unsicherheit bewusst akzeptiert wird. Konkret wird ein Arbeitsverhältnis in der vorliegenden Studie dann als atypisch-prekär identifiziert, wenn es eine Form von Unsicherheit aufweist und das Einkommen kleiner ist als 60% des Medianlohns oder wenn es mehrere Formen von Unsicherheiten aufweist und das Einkommen unter dem Medianlohn liegt.

und Kasten 2

Vermehrt zeitliche Unsicherheit aufgrund befristeter Anstellung oder unsicherer Einsatzplanung. Beispiele: Temporärarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse.

Zeitliche Unsicherheit

Unsicheres Einkommen aufgrund von Unterbeschäftigung oder variablen Löhnen (z.B. aufgrund nicht gesicherter Arbeitsvolumen). Beispiele: Arbeit auf Abruf, Heimarbeit (ohne vertragliche Stundenzahl), Unterbeschäftigung bei Teilzeitarbeit.

Ökonomische Unsicherheit

Schlechte oder fehlende Schutzbestimmungen. Beispiel: Scheinselbstständigkeit.


) verbunden ist und das erzielte Einkommen unterhalb einer bestimmten Mindestgrenze liegt. Erste empirische Grundlagen über die Verbreitung atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse in der Schweiz wurden im Jahr 2001 von Caritas
Vgl. Caritas (2001). und 2003 von Ecoplan
Vgl. Ecoplan (2003). erarbeitet. In einer neuen Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hat Ecoplan nun die weitere Entwicklung solcher Arbeitsverhältnisse seit 2001 analysiert.


 

Stand atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse im Jahr 2008

Im Jahr 2008 waren rund 140 000 Personen oder 3,3% aller erwerbstätigen Personen in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig. Von den verschiedenen Arten von atypischen Arbeitsverhältnissen, die als atypisch-prekär bezeichnet werden, sind Arbeit auf Abruf und befristete Arbeitsverhältnisse (max. 1 Jahr) besonders häufig: Insgesamt sind rund 56 000 Personen in Arbeit auf Abruf und 59 000 Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen tätig. Weniger bedeutsam sind hingegen Heimarbeit (20 000 Personen), Unterbeschäftigung (14 000 Personen), Temporärstellen (9000 Personen) sowie Formen neuer Selbstständigkeit (7000). Dabei muss berücksichtigt werden, dass ein Arbeitsverhältnis mehrere atypische Formen aufweisen kann und die Zahlen zu den einzelnen Formen Mehrfachzählungen enthalten.


Zunahme seit 2002

Befristete Arbeitsverhältnisse und Arbeit auf Abruf sind wesentlich für den Anstieg der atypisch-prekären Arbeitsverhältnisse in den vergangenen Jahren verantwortlich. Im Jahr 2002 waren 2,9% aller erwerbstätigen Personen in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen tätig. Nach einem leichten Anstieg im Jahr 2003 sank der Anteil dieser Arbeitsverhältnisse im 2004 auf 2,7%. Seither sind sie stetig bis auf 3,3% im Jahr 2008 angestiegen. Der Anstieg seit 2004 ist auf die Zunahme von Arbeit auf Abruf (+15% zwischen 2004 und 2008) und auf die befristeten Arbeitsverhältnisse (+50% im selben Zeitraum) zurückzuführen.


Praktika auf dem Vormarsch

Eine genauere Auswertung der befristeten Arbeitsverhältnisse zeigt, dass von den verschiedenen Formen der Befristungen vor allem Praktikumsstellen (inkl. Volontariate) als atypisch-prekär eingestuft werden müssen. Sie sind von der Anzahl her die bedeutendste Form innerhalb der atypisch-prekären befristeten Arbeitsverhältnisse und haben in den vergangenen Jahren zudem stark zugenommen. Bereits 2004 war jede dritte befristete und atypisch-prekäre Arbeitsstelle ein Praktikum; seither ist dieser Anteil auf 43% angestiegen. Insgesamt wurden gemäss unseren Auswertungen seit 2004 13 000 neue Praktikumsstellen geschaffen, welche unter die Definition atypisch-prekär fallen. Somit sind rund zwei Drittel der neuen befristeten und atypisch-prekären Arbeitsverhältnisse seit 2004 den Praktika zuzuschreiben.


Wer arbeitet in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis?

Mit Hilfe einer deskriptiven Auswertung der Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake) des Bundesamtes für Statistik (BFS) und einer Panel-Probit-Schätzung wurde ermittelt, welche Personengruppen häufiger in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig sind und aufgrund welcher Eigenschaften die Wahrscheinlichkeit steigt, in einem solchen zu arbeiten (Risikoprofile).


Besonders wichtige Faktoren: Alter und Geschlecht

Insbesondere das Geschlecht und das Alter haben diesbezüglich einen entscheidenden Einfluss. Insgesamt sind 4,5% aller erwerbstätigen Frauen und knapp 2% aller erwerbstätigen Männer in einem solchen Arbeitsverhältnis tätig. Jugendliche im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sind zudem deutlich häufiger in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen zu finden als andere Altersgruppen, wobei gerade in dieser Altersgruppe der Anteil in den letzten Jahren von knapp über 6% auf über 9% angestiegen ist.Bei den Männern stehen vor allem Junge und Ledige häufig in einem solchen Arbeitsverhältnis. Es bietet den jungen Männern die Möglichkeit einer individuellen Lebensplanung. So stellen beispielsweise Temporärstellen eine Möglichkeit dar, eine bestimmte Zeitspanne zwischen Weiterbildung, militärischer Ausbildung und anderen Projekten zu überbrücken oder aus der Arbeitslosigkeit zu entfliehen. Sobald ein Mann jedoch Familie hat, zeigt sich empirisch, dass der Wunsch nach einem gesicherten Lebenseinkommen den Nutzen der höheren Flexibilität deutlich überwiegt.Bei jungen Frauen sind atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse aus den gleichen Gründen wie bei den jungen Männern eher akzeptiert. Im Gegensatz zu den Männern ist die Wahrscheinlichkeit einer atypisch-prekären Arbeit aber auch nach der Heirat und der Familiengründung relativ hoch. Ursache dafür sind die subjektiv wahrgenommenen fehlenden Handlungsoptionen nach der Geburt von Kindern, wenn es darum geht, berufstätig zu sein. Die regelmässige Beanspruchung externer Kinderbetreuung erweitert jedoch diesen Handlungsspielraum und erleichtert den Einstieg in ein Normalarbeitsverhältnis.


Weitere unterscheidende Merkmale

Zusätzlich zeigen sich auch in folgenden Punkten Unterschiede bezüglich atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse:– Nationalität: In der Schweiz sesshafte Ausländer sind nur geringfügig häufiger in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig als Schweizer (3,5%–4% gegenüber 2,5%–3%). Allerdings sind im verwendeten Datensatz Kurzaufenthalter, Grenzgänger und Asylbewerber nicht berücksichtigt. Gerade bei Kurzaufenthaltern sind atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse besonders häufig. – Bildung: Mit steigender Bildung sinkt der Anteil der Personen in einer atypisch-prekären Arbeitsstelle. Während im Jahr 2008 beinahe 6,7% aller Personen mit Sekundarstufe I als höchstem Abschluss in einem solchen Arbeitsverhältnis tätig waren, betrug dieser Anteil bei den Personen mit Abschluss auf der Tertiärstufe nur gerade 1,7%. Allerdings ist er bei jüngeren Personen mit tertiärer Bildung von gut 1% im Jahr 2002 auf 2% im Jahr 2008 gestiegen.– Sprachregionen: Der Anteil der Personen in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen unterscheidet sich nicht wesentlich zwischen den Sprachregionen.– Zivilstand: Ledige Personen sind auf den ersten Blick häufiger in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis als verheiratete Personen. Eine detailliertere Untersuchung zeigt allerdings, dass dies auf den Umstand zurückzuführen ist, dass Ledige zumeist jünger sind. Im Alter zwischen 30 und 50 Jahren sind verheiratete Frauen (4,5%–5% aller erwerbstätigen verheirateten Frauen) häufiger in einem atypischen Arbeitsverhältnis tätig als ledige Frauen. Bei den Männern in derselben Altersgruppe arbeiten Ledige häufiger in solchen Verhältnissen, wobei der Anteil mit 0,7%–1,4% nur marginal höher ist als bei verheirateten Männern in diesem Alter.– Wirtschaftsklasse: Atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse sind nicht in allen Branchen gleich häufig anzutreffen. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil dieser Stellen im Gastgewerbe, in den persönlichen Dienstleistungen und in privaten Haushalten anzutreffen. Besonders selten sind sie in der Kredit- und Versicherungsbranche zu finden. Tendenziell haben atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse in allen Branchen eher zugenommen. Die Anteile in der Land- und Forstwirtschaft, im Gast- sowie im Baugewerbe werden von der Sake unterschätzt, da die in diesen Bereichen besonders häufigen Kurzaufenthalter in der Sake nicht erhoben werden.Die Ergebnisse der multivariaten Schätzung bestätigen die Beobachtungen der deskriptiven Statistik. Alle der oben aufgeführten Indikatoren zeigen einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person in einer atypisch-prekären Arbeitsstelle tätig ist. Im Jahr 2008 betrug diese Wahrscheinlichkeit für einen 40- bis 54-jährigen ledigen Schweizer Mann ohne Kinder aus dem deutschsprachigen Raum und mit einem mittleren Bildungsabschluss, der für die öffentliche Verwaltung tätig ist, ca. 1%. Handelte es sich um eine Frau mit sonst gleichen Merkmalen, betrug die Wahrscheinlichkeit 2,7%, bei einer Ausländerin gar 3,5% (Ausländer 1,4%). Mit anderen Worten: Besonders gefährdet von atypisch-prekären Arbeitsbedingungen sind Frauen, Jugendliche, Ausländer und Personen mit einer Ausbildung auf Sekundarstufe I.


Verweildauer in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen

In der Sake-Erhebung werden über fünf Jahre die gleichen Personen befragt. Dieser Umstand ermöglicht eine approximative Aussage darüber, wie lange eine Person in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig ist. Wie die Analyse zeigt, verbleiben nur 12%–17% der von atypisch-prekärer Arbeit betroffenen Personen während des gesamten Befragungszeitraums von 5 Jahren mehr als ein Jahr in einem solchen Arbeitsverhältnis. Der Anteil von Personen mit einer Verweildauer von drei oder mehr Jahren liegt deutlich unter 4%. Weiter zeigen diese Auswertungen, dass das atypisch-prekäre Arbeitsverhältnis häufig als Übergang von der Erwerbs- bzw. Arbeitslosigkeit in ein Normalverhältnis oder zwischen zwei Normalarbeitsverhältnissen ausgeübt wird. Gut 60% derjenigen, die aus der Erwerbslosigkeit oder der Arbeitslosigkeit ein solches Arbeitsverhältnis eingehen, wechseln anschliessend in ein Normalarbeitsverhältnis. Arbeitnehmende, die bereits vor dem atypisch-prekären in einem Normalarbeitsverhältnis tätig waren, wechseln sogar zu gut 80% wieder in ein Normalarbeitsverhältnis zurück. Insgesamt deuten die Zahlen darauf hin, dass im Schweizer Arbeitsmarkt eine hohe Durchlässigkeit vorhanden ist.


Abnehmender konjunktureller Zusammenhang

Aus Sicht der Arbeitsmarktpolitik stellen sich die Fragen, ob atypisch-prekäre Arbeitsformen längerfristig zunehmen und wie stark der Einfluss der Konjunktur auf diese Entwicklung ist. Die Daten der 1990er-Jahre deuten auf eine konjunkturell bedingte Entwicklung der atypisch-prekären Arbeitsverhältnisse hin. Die bis ca. 2002 beobachtbare parallele Entwicklung zwischen Arbeitslosigkeit und atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen gilt jedoch für die späteren Jahre nicht mehr. Trotz der Konjunkturbelebung nehmen die atypisch-prekären Arbeitsverhältnisse seit 2004 nicht mehr ab, sondern weiterhin – wenn auch leicht abgeschwächt – zu. Dies ist überwiegend auf die steigende Zahl von Praktikumsstellen und Arbeit auf Abruf zurückzuführen. Eine trendmässige Zunahme atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse und insbesondere von Praktika ist schon seit einiger Zeit z.B. in Deutschland beobachtbar. Das statistische Bild in der Schweiz lässt aber heute noch keine eindeutige Aussage zu, ob auch im hiesigen Arbeitsmarkt ein entsprechender Trend vorhanden ist.


Fazit

Die im Artikel vorgestellte Studie liefert weitere wichtige empirische Grundlagen zur Verbreitung und Entwicklung von atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen in der Schweiz. Ob diese Arbeitsverhältnisse gesellschaftlich oder wirtschaftlich erwünscht sind, können die Daten nicht beantworten. Sie sind dann kritisch zu betrachten, wenn die davon betroffenen Personen mangels besserer Optionen in einem entsprechenden Arbeitsverhältnis «gefangen» sind. Dabei stellt sich beispielsweise die Frage, inwiefern ein Zusammenhang zwischen der Jugendarbeitslosigkeit und dem hohen Anteil Jugendlicher in atypisch-prekären Stellen besteht. Aufgrund ihrer Flexibilität können sie für bestimmte Personengruppen aber auch eine wählbare Arbeitsform sein oder einen (Wieder-)Einstieg in die Berufswelt ermöglichen. Gerade die hohe Durchlässigkeit zwischen atypisch-prekären und normalen Arbeitsverhältnissen ist ein starker Hinweis dafür.

Grafik 1: «Entwicklung der Formen atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse, 1992-2008»

Grafik 2: «Anzahl atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse und Anteile an Erwerbstätigen, 2001-2008»

Grafik 3: «Durchlässigkeit im Arbeitsmarkt – Erwerbsstatus vor und nach einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis»

Kasten 1: Definition und Identifikation atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse

In der Literatur besteht keine einheitliche Definition von atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen. Häufig wird allerdings Unsicherheit als deren zentrales Merkmal aufgeführt. Analog dazu definieren wir ein Arbeitsverhältnis dann als atypisch-prekär, wenn relative Unsicherheit vorhanden ist, die nicht erwünscht ist. Um atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse in den Daten zu identifizieren, muss diese Definition entsprechend operationalisiert werden. Die Unsicherheiten werden dabei über die verschiedenen Formen von atypischen Arbeitsverhältnissen definiert (siehe auch Kasten 2). Die Operationalisierung von «unerwünscht» erfolgt über das Einkommen. Dabei wird davon ausgegangen, dass ab einem bestimmten Einkommen die Unsicherheit bewusst akzeptiert wird. Konkret wird ein Arbeitsverhältnis in der vorliegenden Studie dann als atypisch-prekär identifiziert, wenn es eine Form von Unsicherheit aufweist und das Einkommen kleiner ist als 60% des Medianlohns oder wenn es mehrere Formen von Unsicherheiten aufweist und das Einkommen unter dem Medianlohn liegt.

Kasten 2: Drei Arten von Hauptunsicherheit bei atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen

Vermehrt zeitliche Unsicherheit aufgrund befristeter Anstellung oder unsicherer Einsatzplanung. Beispiele: Temporärarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse.

Zeitliche Unsicherheit

Unsicheres Einkommen aufgrund von Unterbeschäftigung oder variablen Löhnen (z.B. aufgrund nicht gesicherter Arbeitsvolumen). Beispiele: Arbeit auf Abruf, Heimarbeit (ohne vertragliche Stundenzahl), Unterbeschäftigung bei Teilzeitarbeit.

Ökonomische Unsicherheit

Schlechte oder fehlende Schutzbestimmungen. Beispiel: Scheinselbstständigkeit.


 

Kasten 3: Literatur

– Caritas Schweiz (2001), Atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse in der Schweiz. Positionspapier 9. Luzern.– Ecoplan (2003), Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Schweiz. Bern.– Ecoplan (2010), Die Entwicklung atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse in der Schweiz. Überarbeitung und Aufdatierung der Studie «Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Schweiz» vom September 2003, Bern.

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Dr. Michael Marti

Ökonom, Ecoplan, Bern


 

Philipp Walker

Ökonom, Ecoplan, Bern

Zitiervorschlag: Michael Marti, Philipp Walker, (2010). Die Entwicklung atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse in der Schweiz. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.