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Voraussetzung für Innovationen sind Ideen. Patente schützen sie – gerade auch am Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz.
Stefan Ramseier, Dr. sc. techn. ETH, Leiter ABB-Forschungszentrum, Baden-Dättwil

Standpunkt

Wer hats erfunden? Das ist nicht nur eine Scherzfrage aus der Ricola-Werbung, sondern oft auch eine rechtliche und wirtschaftliche Angelegenheit. Immerhin haben findige Köpfe neben Kräuterbonbons schon manch anderes ersonnen, das im Kleinen und im Grossen aus der Schweiz heraus die Welt verändert hat. Zum Beispiel den Reissverschluss oder das World Wide Web. Aber auch die weniger bekannte Flüssigkristallanzeige: Der Durchbruch dazu gelang hierzulande. 1984 entwickelte das ABB-Vorgängerunternehmen BBC das sogenannte Super-Twisted Liquid Crystal Display (LCD). Im Anschluss kam die Innovation in Digitaluhren, Taschenrechnern und Bildschirmen jeder Art rund um den Globus zum Einsatz – gegen entsprechende Lizenzgebühren. Möglich wurde dies dank dem Patent, das unser Unternehmen wohlweislich darauf angemeldet hatte.

Wissen in Technologien umwandeln

Mit 689 Patenten hat ABB im Jahr 2019 mehr Patente beim Europäischen Patentamt angemeldet als jedes andere Schweizer Unternehmen. Und seit über 50 Jahren leistet das ABB-Forschungszentrum in Baden-Dättwil einen massgeblichen Beitrag dazu: Rund 100 Wissenschafterinnen und Wissenschafter entwickeln in enger Zusammenarbeit mit den Geschäftsbereichen für unsere Kunden weltweit Lösungen. Aus Ideen werden Innovationen, wenn sie sich am Markt bewähren und für unsere Kunden und ABB einen Wert generieren. Dazu zählen beispielsweise Mittelspannungsantriebe für mehr Energieeffizienz in der Industrie oder Traktionsumrichter und Energiespeichersysteme für Züge und Elektrobusse. Sie bereiten den Weg für eine nachhaltige Mobilität. Neben diesen konkreten Ergebnissen und zahllosen Publikationen in Fachmagazinen sind die Patente ein wichtiger Indikator für die Innovationskraft. Denn in der Forschung und Entwicklung geht es darum, Wissen in Technologien umzuwandeln – und dazu braucht es ein ums andere Mal die zündende Idee, den neuen Ansatz, ein Problem anzugehen. Mithilfe von Patenten, die klare, strenge Kriterien erfüllen, schützen wir diese Ideen und stellen sicher, dass die investierten Aufwendungen auch tatsächlich unserer Wettbewerbsfähigkeit zugutekommen.

Es ist an uns, die Zukunft immer wieder neu zu erfinden

Nicht von ungefähr belegt die Schweiz seit Jahren einen Spitzenplatz in globalen Innovationsrankings. 2019 war sie mit fast 1000 Patentanmeldungen pro eine Million Einwohner sogar Spitzenreiterin. Denn das Land bietet ein stabiles wirtschaftliches und politisches Umfeld sowie eine ausgezeichnete Infrastruktur. Aber nicht nur das: Genauso wichtig sind auch der robuste Schutz des geistigen Eigentums, die weltweit führenden Universitäten und ein einzigartiges duales Bildungssystem, das neben Hochschulabsolventen auch hoch qualifizierte Fachkräfte hervorbringt. Darauf gilt es aufzubauen, gerade mit Blick auf die grossen Herausforderungen unserer Zeit, sei es der Klimawandel oder die Digitalisierung. Schon heute erwirtschaftet ABB knapp 60 Prozent ihres Umsatzes mit Lösungen, die zu einem schonenderen Umgang mit der Umwelt beitragen und die globale Erwärmung bekämpfen. Diesen Anteil will das Unternehmen mit kontinuierlicher Forschung und Entwicklung noch weiter ausbauen. Unser Ziel muss es sein, die Welt zu bewegen, ohne die Erde zu verbrauchen – mit Ideen für technische Lösungen, die zu einer produktiveren und zugleich nachhaltigeren Gesellschaft beitragen. Und dafür gibt es, im wahrsten Sinne, kein «Patentrezept». Es ist an uns, die Zukunft immer wieder neu zu erfinden.

Zitiervorschlag: Stefan Ramseier (2020). Standpunkt: Ideen und ihr Wert. Die Volkswirtschaft, 19. November.