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Die Nachhaltigkeitsanforderungen im Rohstoffhandel sind gestiegen. Derzeit überarbeitet die Branche ihre internen Richtlinien.
Florence Schurch, Generalsekretärin Swiss Trading and Shipping Association (STSA), Genf

Standpunkt

Entgegen einer verbreiteten Wahrnehmung agiert der Rohstoffhandel in der Schweiz keineswegs in einem regulatorischen Vakuum. Es existiert eine Vielzahl von internationalen und nationalen Vorschriften, die strenge Anforderungen an die Durchführung und die Finanzierung der Handelsgeschäfte stellen. In den letzten Jahren wurde die regulatorische Landschaft vor allem international durch die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit und Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette geprägt. Erst kürzlich wurde dieser Trend in der Schweiz mit der Konzernverantwortungsinitiative beziehungsweise dem indirekten Gegenvorschlag bestärkt, der die Einführung zusätzlicher Berichterstattungs- und Sorgfaltspflichten für Unternehmen in sozialen und ökologischen Belangen entlang dieser Wertschöpfungskette vorsieht.

Steigende Erwartungen an verantwortungsvolles Geschäftsverhalten kommen aber auch von innerhalb der Branche. Insbesondere die Banken verlangen zusehends, dass die globalen Lieferketten auf nachhaltiges Verhalten überprüft werden. Auslöser dieser Dynamik waren ab 2007 unter anderem die Finanz- und Bankenkrise, die OECD-Leitfäden zu verantwortungsbewusstem unternehmerischem Handeln, die UNO-Nachhaltigkeitsziele, das Pariser Klimaabkommen sowie der «Green Deal» der Europäischen Union. Bereits heute machen viele Banken die Finanzierung von einer Reihe von Leistungsindikatoren abhängig, die mit Umwelt- und Sozialstandards und Kriterien guter Unternehmensführung («ESG-Kriterien») verknüpft sind.

Mehr Transparenz

Die Rohstoffhandelsindustrie ist bestrebt, in Zusammenarbeit mit den Behörden an zielgerichteten Regulierungen zu arbeiten. So entwickelt der Sektor derzeit unter Federführung der Swiss Trading and Shipping Association (STSA) branchenspezifische Richtlinien zur Geldwäscherei- und Korruptionsbekämpfung. Mittels eines risikobasierten Ansatzes sollen die zentralen Gefahren im Umgang mit diversen Geschäftspraktiken besser identifiziert werden. Auch im Rahmen der Handelsfinanzierung arbeiten die Finanzinstitute gemeinsam mit den Rohstoffhändlern an sogenannten Statements of Best Practice, um die Handelsfinanzierung sicherer und transparenter zu gestalten.

Ebenso hervorzuheben ist der 2018 erstellte Branchenleitfaden für gute Praktiken zur Einhaltung der Menschenrechte im Rohstoffhandel, welcher auf den UNO-Leitprinzipien basiert. Er wurde gemeinsam von der STSA, den Handelsunternehmen, Vertretern der Zivilgesellschaft sowie Bund und Kantonen entwickelt. Neben einer Vielzahl von verbindlichen internationalen und nationalen Vorschriften existiert folglich auch eine Reihe von brancheninternen Richtlinien, die für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz sorgen.

Zitiervorschlag: Florence Schurch (2021). Standpunkt: Rohstoffhandel im regulatorischen Vakuum. Die Volkswirtschaft, 31. Mai.